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Hartes Pflaster
August 24, 2025
in Feature+Foto-Essay+Photography & Technique+Traveling

Hartes Pflaster

Unterwegs in Wien mit Fiakerin Alexandra

Jeder kennt sie und aus dem touristischen Stadtbild sind sie kaum wegzudenken, die Kutschen die den Gästen aus aller Herren Länder  die Schönheiten Wiens näherbringen.

Bereits seit dem 17. Jhdt gibt es in Wien Lohnkutscher für die Personenbeförderung, damals bekannt als Janschky Wagen.

Etwa 1720 wurden sie umbenannt in Fiaker, nach dem prominenten Standplatz der Lohnkutscher in Paris, der Rue de Saint Fiacre.

Die Bezeichnung Fiaker galt in Wien sowohl dem Kutscher als auch dem Gefährt. Notwendig um den Beruf auszuüben war eine Lizenz der Polizeioberdirektion.

Die Gesellschaft der Fiaker ist heute kleiner als damals, in Wien gibt es etwa 140, ein überschaubarer Mikrokosmos in dem man sich bestens kennt. Damals wie heute gleich ist aber die streng reglementierte, hierarchische Struktur mit all ihren ungeschriebenen Gesetzen und Regeln. 

 

 

Wenige Frauen im Geschäft

Aufgrund der harten körperlichen Anforderungen und anspruchsvollen Dienstzeiten ist die Branche stark männerdominiert. Die Frauen die sich als Fiakerinnen behaupten wollen, müssen einen starken Willen und ein ebensolches Gemüt haben. 

Ich habe eine von ihnen, Alexandra, mehrere Tage mit der Kamera begleiten und Einblicke in eine unbekannte Welt machen dürfen. Eine Gesellschaft die beeindruckt mit klaren Verhältnissen, der Bereitschaft diese auch sofort zu schaffen und die besticht mit einer engen Verbindung zu ihren Tieren, starker Kameradschaft und rauem Witz.

The Art of Connection

Passiert ist diese großartige Erfahrung nicht von ungefähr. Im Rahmen des Workshops „The Art of Connection“ der Leica Akademie durfte ich Ana Maria Arevalo Gosen kennenlernen. Die Venezolanerin ist durch ihre Stories über südamerikanische Frauengefängnisse bekannt geworden und hat in Wien ihre Tipps und Tricks weitergegeben.

Als „Schüler“ war man aufgefordert sich seine spezielle Geschichte zu suchen und zu finden und mit den Protagonisten, wenn möglich, eine „Verbindung“ herzustellen. Nach ein paar Abfuhren und Frustrationen hatte ich die glorreiche Idee, es bei den Fiakern zu probieren und mit der sympathischen Alexandra großes Glück. Die junge Ungarin absolviert ihre dritte Saison als Fiakerin und gehört damit immer noch zu den Neulingen. Das verwundert nicht, wenn man hört, dass viele der alten Haudegen der Szene bereits 35 Jahre und mehr am Buckel haben. Alexandra erzählt mir, dass sie Reitlehrerin war und eigentlich Anwältin hätte werden sollen, aber die Pferde und der Job haben sie nicht mehr losgelassen, wie so viele ihrer Kollegen. Klar steigen manche wieder aus aus dem Geschäft mit den Touristenkutschen, aber 90% davon kommen über kurz oder lang wieder zurück. 

Psychologen und Pferdeflüsterer

Ich fahre an diesen Tagen einige Runden mit Alexandra durch die Wiener Innenstadt, lerne die Sitten und Gebräuche kennen, die Abläufe, wie was zu funktionieren hat. Bin erstaunt über Alexandras psychologische Fähigkeiten, geschult durch den permanenten Umgang mit dem internationalen Touristenpublikum. Nach ein paar Worten mit potenziellen Kunden flüstert sie mir ihre Einschätzung im Vorfeld zu und die stimmt so gut wie immer. Wer bucht die große oder die kleine Runde, wer handelt, wer knausert, wer benimmt sich gut, wer weniger.

Mindestens so gut wie die Menschen versteht Alexandra ihre Tiere. Ich kenne die unterschiedlichen Persönlichkeiten von Hunden, aber Pferden sind mindestens so unterschiedlich. Sie erklärt mir die verschiedenen Charaktere, mit denen wir es in diesen Tagen zu tun haben. Santos, ein Lippizzaner-Wallach, mag keine Menschen und ist kitzlig, Blacky, jung und total verspielt, hat aber eine Aversion gegen laute Hunde. Da ist es schon mehr als einmal vorgekommen, dass er einen lästigen Kläffer am Genick packt und über die Straße schmeißt.

Pferd als Partner

Alexandra übersetzt mir auch die Sprache der Tiere. Die polnische Reinblut-Stute scharrt mit dem Huf, d. h. sie will mehr zu trinken, Santos findet sein Zaumzeug zu eng, Alexandra lockert es. Immer wieder hört man Vorwürfe der Tierquälerei wegen der Hitze usw., meistens von Menschen, die wenig Ahnung von der Branche haben. Ich bin überrascht von der innigen Beziehung der meisten Fiaker zu ihren Pferden. Irgendwie auch klar, geht es dem Tier nicht gut, steht der Fiaker nicht gut da und verdient weniger. Auf 2 Arbeitstage folgen für die Pferde 2 – 3 Tage Ruhezeit auf den Gehöften und Stallungen, meist außerhalb Wiens.

Auch wenn es an diesen Tagen recht warm ist, ich habe den Eindruck, dass die Pferde den Job gerne machen. Nach jeder Runde muss sich das Gefährt an den richtigen Stellen am Standplatz beim Stephansdom wieder einordnen und warten – wehe dem der sich nicht daran hält, oder glaubt, Abschneider nehmen zu können. Der Chef am Stand, immer ein Altgedienter, heute ein Fiakerveteran und Hufschmied, weist dann den Sünder mehr als deutlich auf sein Vergehen hin. Hat er’s dann immer noch nicht kapiert, wird er es beim nächsten Mal ganz sicher.

In den Wartezeiten bekommen die Tiere zu trinken und meistens sogar eine Dusche mit dem Schlauch. Sie nützen die Zeit, um zu schlafen – erkennt man an dem eingeknickten Huf! Und die einzig wirklich lästige Quälerei ist gerade in dieser Phase das plötzliche Streicheln und Abgeknuddelt-Werden von wildfremden „Tierliebhabern“.

 

Kameradschaft wird großgeschrieben

Bei einer großen Runde gegen Ende des Arbeitstages hört Alexandra plötzlich, dass sich ein Hufeisen gelockert hat. Am rechten Lauf hinten beim rechten Pferd im Gespann. Stimmt! Der normale Beschlagungsrhythmus ist alle acht Wochen und der wäre erst nächste Woche, aber dieser Mißstand muss sofort behoben werden. Ein Pferd zu beschlagen ist keine leichte Sache, eine Aufgabe, die die zierliche Alexandra sicherlich an ihre Grenzen führt. Aber kein Thema, sofort springt Kollege Kurt ein und beschlägt Sally innerhalb von 2 Minuten direkt am Stephansplatz. Sehr viele der Fiaker sind gelernte Hufschmiede und entsprechend kräftige Naturen. Bei Peter ist so eine Aktion heute schon schiefgegangen. Er hat sich einen schmutzigen Hufnagel direkt ins Daumengelenk geschlagen. Alexandra verarztet ihn notdürftig. Peter klagt nicht, aber nachdem er in seiner Karriere schon dreimal den berüchtigten Strich am Unterarm gehabt hat, das untrügliche Zeichen einer lebensbedrohlichen Blutvergiftung, wird er heute nach Dienstschluss wahrscheinlich doch die Ambulanz aufsuchen.

 

Ein heißer Arbeitstag neigt sich dem Ende zu, Mensch und Tier sind erschöpft, aber es war ein guter Tag. In mittäglicher Gluthitze will kein Tourist Heldenplatz und Burgtheater sehen, ebenso bei Regen, am späten Nachmittag in angenehmer Brise und bei Sonnenschein hingegen schon und das zahlreich.

Ich verabschiede mich von Alexandra, die Sally und Santos liebkost und belohnt und auf die letzte Fahrt des Tages vorbereitet, heim in den Stall. Es war eine schöne Zeit bei den Fiakern und man kann sich vorstellen, dass der Job etwas Besonderes hat, das einen nur schwer wieder loslässt.

EQUIPMENT:  Leica M11 und Q (Typ116).







Tagged In female Coach drivers, Fiaker, Touristen, tourists, Vienna, weibliche Fiakerin, Wien
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